(Über) Leid erfahren

Unse­re Erfah­run­gen auf der Auschwitzfahrt

Einer der zen­trals­ten Punk­te der deut­schen Geschich­te gerät heut­zu­ta­ge immer mehr in Ver­ges­sen­heit und mit dem Auf­marsch von ver­fas­sungs­feind­li­chen Par­tei­en droht sich die­se Geschich­te zu wie­der­ho­len.
Damit die­se Geschich­te von Leid, Mord und Grau­sam­keit nicht ver­ges­sen wird, bot unse­re Schu­le auch die­ses Jahr wie­der die jähr­li­che Ausch­witz­fahrt für die Schüler:innen der Jahr­gangs­stu­fen 10 und Q1 an.

Bereits um 4:50 Uhr tra­fen wir uns am Mon­tag, dem 03.02.25, an der Schu­le, um unse­re Rei­se nach Oświęcim anzu­tre­ten. Mit dem Bus fuh­ren wir zum Dort­mun­der Flug­ha­fen, flo­gen nach Kat­to­witz und fuh­ren dort erneut mit dem Bus zu unse­rer Unter­kunft. Bei der Anfahrt sahen wir bereits die repe­ti­ti­ven Bau­ten und die mit Sta­chel­draht geschmück­te Mau­er des Stamm­la­gers Ausch­witz, des­sen Anblick bei den ers­ten Schüler:innen bereits für Gän­se­haut sorgte.

Nach einer Ein­füh­rung in die Haus­re­geln und einer war­men Mahl­zeit begann unser ers­ter Pro­gramm­punkt. Von einem Stu­den­ten aus Aachen wur­den wir durch die Klein­stadt Oświęcim geführt und lern­ten dabei die jüdi­sche Geschich­te der Stadt ken­nen. Wir besuch­ten den jüdi­schen Fried­hof, das ehe­ma­li­ge jüdi­sche Vier­tel sowie ein Muse­um über die Geschich­te der Stadt, die frü­her zu 60% aus Juden bestand. Außer­dem betra­ten wir eine akti­ve Syn­ago­ge, die von jüdi­schen Tou­ris­ten der Stadt genutzt wird und beka­men dort Erklä­run­gen über jüdi­sche Ritua­le und das Judentum.

Durch die­sen Ein­blick in die jüdi­schen Gemein­den hat­ten wir ein bes­se­res Ver­ständ­nis von dem Leben, das die Nazis völ­lig zer­stör­ten, sodass heut­zu­ta­ge kein ein­zi­ger Jude mehr in der Stadt lebt.

Der fol­gen­de Tag begann mit einem kur­zen Spa­zier­gang, mit dem Kern unse­rer Fahrt als Ziel, dem Stamm­la­ger Ausch­witz. Begrüßt wur­den wir von Iden­ti­täts­kon­trol­len und Metall­de­tek­to­ren und wur­den dann durch die kalt­wei­ßen Beton­mau­ern der “Hall of Names” zum Tor des Lagers geführt. “Arbeit macht frei”, den Schrift­zug, den wir alle in Geschichts­bü­chern schon ein­mal gese­hen haben, fan­den wir über uns. Von unse­rem Tour­gui­de wur­den wir durch die mono­to­nen Back­stein­ba­ra­cken geführt, wel­che zu Aus­stel­lungs­zwe­cken des Muse­ums umfunk­tio­niert wur­den. Eine Aus­stel­lung mit dem Namen “Mate­ri­al Pro­ofs of Cri­mes” ließ die Ver­bre­chen unse­rer Vor­fah­ren erst wirk­lich real wir­ken. Hau­fen von Schu­hen, Bril­len­ge­stel­len, Kof­fern und Haa­ren brann­ten sich in unse­re Köp­fe und die Unmög­lich­keit, die­se Eigen­tü­mer den Opfern noch zuzu­ord­nen, zeig­te uns die das ver­hee­ren­de Aus­maß der Taten des NS-Regimes. Wir been­de­ten unse­re Füh­rung in der pro­vi­so­ri­schen Gas­kam­mer des Stammlagers.

Am Nach­mit­tag sahen wir uns die Wer­ke des Ausch­witz­über­le­ben­den und Künst­lers Mari­an Kołod­ziej an, wel­cher sein Zeug­nis in Form von Bil­dern ableg­te. Moti­ve wie das Lager­tor mit den Wor­ten „Tod macht frei” anstel­le von „Arbeit macht frei“ und das sich wie­der­ho­len­de Gesicht von dem Pries­ter Mak­sy­m­i­li­an Maria Kol­be, wel­cher sein Leben für das eines ande­ren Häft­lings opfer­te, stel­len die Gefühls­la­ge der Opfer des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers dar und doku­men­tie­ren gleich­zei­tig die Ereig­nis­se hin­ter den Mauern.

Am Mitt­woch betrach­te­ten wir die Rui­nen des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers Bir­ken­au und lern­ten die fast schon indus­tri­el­len Pro­zes­se hin­ter den Mas­sen­mor­den des NS-Regimes ken­nen. Wir lern­ten hier die Geschich­te der Heb­am­me, Sta­nisła­wa Leszc­zyńs­ka, ken­nen, wel­che in den Bara­cken Bir­ken­aus unter schwie­rigs­ten Bedin­gun­gen vie­le Kin­der zur Welt brachte.

Nach unse­rer Tour durch Bir­ken­au lern­ten wir die Zeit­zeu­gin Zdzis­la­wa Wlodar­c­zyk ken­nen, die mit zehn Jah­ren aus War­schau nach Bir­ken­au depor­tiert wur­de. Sie erzähl­te uns von ihrer Fami­lie, dem Beginn des Krie­ges, ihrer Zeit in Bir­ken­au sowie der Befrei­ung aus dem Lager. Gesprä­che wie die­se sind jetzt beson­ders wich­tig, weil die Lebens­zeit der Über­le­ben­den der Straf­ta­ten des Natio­nal­so­zia­lis­mus begrenzt ist. Wir sind die letz­te Gene­ra­ti­on, die den Stim­men der Opfer zuhö­ren und ihre Zeug­nis­se an die zukünf­ti­gen Gene­ra­tio­nen wei­ter­tra­gen kann.

Am Don­ners­tag schlos­sen wir den letz­ten Pro­gramm­punkt mit einer Füh­rung durch die Stadt Kra­kau ab, wo wir erneut über das jüdi­sche Leben vor dem Krieg lern­ten und die erhal­te­nen Bau­wer­ke bewun­dern konn­ten, bevor wir am Frei­tag wie­der nach Hau­se flogen.

Die­se Stu­di­en­fahrt hat alle von uns, Schüler:innen und Lehrer:innen, vie­le Din­ge gelehrt, die wir an unser Umfeld wei­ter­tra­gen wer­den. Alles, was wir in die­sen fünf Tagen erlebt und gese­hen haben, ver­pflich­tet uns dazu, die Geschich­te davon abzu­hal­ten, sich zu wiederholen.

Wir haben viel getrau­ert, geweint und nach­ge­dacht, aber trotz die­ser Gefüh­le, kön­nen wir jedem nur emp­feh­len, sie selbst zu füh­len und zu erle­ben, damit wir nie­mals ver­ges­sen können.

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