THE ONE WHO DOES NOT REMEMBER HISTORY
IS BOUND TO LIVE THROUGH IT AGAIN
George Santayana
Farouza: Als wir den jüdischen Friedhof besichtigt haben, haben wir einen Einblick in das Leben der Juden bekommen. Die Juden bezeichnen sich als Volk Israels und sind ihrer Kultur und Religion verbunden. Die Nazis wollten die Juden nicht nur im Diesseits ausrotten und sie menschenunwürdig behandeln, sondern auch im Jenseits, indem sie Leichen nicht vergruben, sondern verbrannten. Sie nahmen ihnen wieder die Menschenwürde und verletzten ihre Riten.
Vanessa: Da ein Teil meiner Familie aus Polen stammt, stieg ich mit gemischten Gefühlen ins Flugzeug, weil meine Großeltern die Zeit des Nationalsozialismus in Polen miterlebt haben.
Franzi: Im Haus der Nationen des Staates Israel wurden Filmausschnitte von Hitler und Göbbels gezeigt. Als ich diese Aufnahmen gesehen und gehört habe, fing ich an mich zu schämen deutschsprachig zu sein. Besonders unangenehm wurde es, als eine israelische Jugendgruppe die Ausstellung betreten hat und ein paar der jungen Frauen sehr verweint vor den Bildschirmen standen und fassungslos waren.
Carolin: In einem der Häuser der Nationen (Israel) befindet sich im unteren Raum ein Buch, mannshoch und mindestens 5.000 Seiten lang. Dieses Buch beinhaltet viele Namen der verstorbenen und vernichteten Juden. Ich habe in den Seiten nach meinem Nachnamen gesucht und ich fand mehr als 27 Seiten, auf denen so viele Menschen standen, die den gleichen Nachnamen hatten wie ich.
Alina: Mir ging es sehr nah, als ich die aufgereihten Bilder der verstorbenen Juden in den jeweiligen Blöcken sah. Die Blicke auf den Fotos schüchterten mich förmlich ein, weil ich in Ihren Augen keinerlei Lebensfreunde und Hoffnungen gesehen habe, nur noch die Angst und das Warten auf den Tod.
Svenja: An dem heutigen Tag konnte ich sehr viele Eindrücke sammeln. Zum einen fand ich es sehr interessant einen Einblick in das „Leben“ der Inhaftierten auf diesen Weg zu erlangen. Jedoch war es schockierend die ganzen Bilder und vor allem die Gegenstände der Opfer hautnah zu sehen.
Felix: Das gesamte KZ war sehr interessant und vor allem, sich einfach mal ein eigenes Bild machen zu können und es nicht nur mit der abstrakten Distanz wahrzunehmen, wie es im Unterricht der Fall ist. Was mich besonders betroffen gemacht hat, war wie unmenschlich und schamlos die Juden ausgeschlachtet wurden, es wurde nur der sachliche Wert in ihren Besitztümern gesehen.
Dominik: Die Lagerorganisation der Nationalsozialisten konnte man bereits spüren, noch bevor man das Lager überhaupt betreten hatte. Mich persönlich beeindruckten die Karten, auf denen die Daten von den Häftlingen verzeichnet waren auf eine schaurige Art und Weise. Die Erfassung von allen relevanten Daten (Geburt, Größe, Name […]), jede Information genauestens aufgeschrieben. Auch das Todesdatum und die Todesursache waren verzeichnet. Allerdings war gerade die Todesursache, der eigentliche Grund der Existenz des Lagers, gelogen. Ich fragte mich, warum führt jemand so genau Buch über die Häftlinge, beschönigt dann jedoch den Grund des Todes? Der Widerspruch an sich. Ein Lager, das zum Töten gebaut wurde, der Tod an sich allerdings nicht richtig von den Tätern wiedergegeben wird. Wieso tut man so etwas? – Der organisierte Tod!
Gina: Mir persönlich gingen die Kinderzeichnungen sehr nahe. Als könnte ich sehen, was sie empfunden haben. Ich fühlte mich sehr verbunden.
Baran und Bjarne: „Aus Respekt vor den Opfern nun bitte keine Fotos machen“. Dieser Moment bei der Führung war für uns bedrückend.
Joel: Ich persönlich fand es am schlimmsten, als ich direkt von der Gaskammer zu den Öfen gegangen bin. Wenn man bedenkt, dass vor 70 Jahren Leichen da lagen, wo ich stand und Menschen gefoltert wurden, wurde mir echt anders.
Felix: Ich persönlich fand die Brillen besonders beeindruckend, weil ich mir dadurch vorstellen konnte wie viele Menschen dort leben und sterben mussten.
Jan: Am schlimmsten fand ich den Rundgang durch die Gaskammer.
Steffi: Dass das alles so groß war, konnte ich mir nicht vorstellen.
Saskia: Als die Besichtigung vorbei, habe ich die Menschen anders betrachtet als vorher. In mir hat sich etwas geregt, was ich nicht definieren kann, denn die Tatsache, dass sowohl Täter, Opfer als auch alle anderen ein sogenanntes „Leben“ auf diese Weise beeinflusst und geführt haben, ist für mich unbegreiflich und die Taten etwas, das meiner Meinung nach das Denken des Menschen übersteigt.
Moritz: Der heutige Tag war für mich sehr bedrückend, weil ich das alles zum ersten Mal live gesehen habe, so z.B. die Haare und die Kleidungsstücke. Alles war ziemlich krass und schlimm. Die Juden hatten keine Würde mehr, weil sie durch und durch gedemütigt wurden. Auch dass das alles wahr ist, ist besser vorstellbar, wenn man das sieht.
Daniel: Im KZ Auschwitz fand ich am schlimmsten die Lebensbedingungen der Juden (oder Inhaftierten). Die Waschbecken und Toiletten waren in einem inakzeptablen Zustand. Das ist für mich kein Wohnen oder Leben, es ähnelt mehr der Viehzucht.
Lena: Wir haben heute in Winterjacken gefroren. Ich kann mir kaum vorstellen wie es damals gewesen ist!
Max: Was mich am meisten zum Nachdenken gebracht hat, war der Gedanke, dass da, wo wir entlang gelaufen sind, Verbrechen bzw. ein Völkermord stattgefunden haben. Und der Gedanke, dass die Großeltern und die Urgroßeltern, also die Familie dieses Verbrechen geduldet haben, also zu verantworten haben oder mit zu verantworten haben.
Alina: Es hat mich bewegt in der (sog.) Sauna die Menschen zu sehen, wie glücklich die waren, bevor sie nach Auschwitz kamen.
Franzi: Es sind immer noch Menschen!
Felix: Durch die Bilder in Harmeze kann ich mir besser vorstellen, was der Künstler in Auschwitz erlebt hat, z.B. durch die vielen Totenschädel. Er hat seine eigene Sprache für das Erlebte gefunden.
Ariane: Der Künstler hat sein Trauma in seinen Bildern verarbeitet.
Bjarne: Es hat mich überrascht, dass der Künstler fünf Jahre überlebt hat.
Eva: Durch das Zeitzeugengespräch wurde alles, was ich gesehen hatte greifbarer, realer. Denn er (Tadeusz Sobolewicz) ist wirklich damals da gewesen. Diese Begegnung war mein persönlicher Höhepunkt der Fahrt.
Franzi: Private Filmaufnahmen von den Opfern (Shoa-Ausstellung), bringen die Menschlichkeit zurück, weil sie private Lebenssituationen zeigen, zum Beispiel Hochzeitsfilme oder Aufnahmen am Badesee. Dadurch wird ein Bezug hergestellt zwischen der Tätergeneration und den Opfern. Obwohl man selber nichts damit zu tun hat, rutscht man selber automatisch in die Täterrolle und man bekommt das Bedürfnis sich zu entschuldigen.
Maxi, Lea, Ariane und Lena: Uns hat berührt, dass die Menschen heute scheinbar leichtfertig durch das Eingangstor gehen, während dies für die ehemaligen Häftlinge das Ende ihres bisherigen Lebens und ihrer Träume bedeutete. Durch die Führung konnten wir uns viel besser in das Leben der Häftlinge hineinversetzen, als wenn wir in der Schule Texte und Zahlen lesen. Wir fanden es krass, dass die Menschen dort auf eine Nummer reduziert wurden.
Constantin: Alle zeitgenössischen Aufnahmen, die wir aus Auschwitz kennen und die uns in Erinnerung geblieben sind, sind Täterfotografien. Das bedeutet, dass sie aus der Sicht der Täter aufgenommen wurden. Daraus folgt, dass kein Foto, das nicht zu Propagandazwecken erstellt wurde, Auschwitz je verließ. In Auschwitz selber herrschte ein striktes Fotoverbot, um keine negative Presse zu provozieren. Bei der Besichtigung von Auschwitz I habe ich erfahren, dass es aber zwei Häftlingen eines Sondereinsatzkommandos gelang, vier Aufnahmen zu machen, die die Exekution von anderen Häftlingen dokumentieren.
Die Fotos sind zwar stark verwackelt und angesichts der ständigen Gefahr entdeckt zu werden unscharf, trotzdem haben sie für mich einen besonderen ideellen Wert. Diese vier Fotos sind die einzigen Fotos von Auschwitz aus der Sicht der Opfer. Aufgenommen wurden die ersten zwei Fotos aus dem Schutz einer Gaskammer heraus, was die Lage des Fotografen als Opfer noch einmal besonders betont.
Dominik: Dadurch dass ich da war und die Orte gesehen habe, wo das alles stattgefunden hat, konnte ich mir besser vorstellen, wie das alles gewesen ist. Der Ort mit den heimlich aufgenommenen Bildern hat mich bewegt.
Es hat mich auch beeindruckt, dass der Künstler in Harmeze die Nr. 423 hatte, also in einem der ersten Transporte war und dann fünf Jahre überlebt hat.
Gina: Am Schlimmsten fand ich die Kinderbaracke.
Josefine: Ich finde den Gedanken sehr aufwühlend, dass das alles überhaupt passieren konnte. Ganz normale Menschen und es kann jederzeit wieder passieren. Vielleicht tut es das auch schon. Geschichte mit der man sich auseinandersetzt hat den Vorteil, dass man daraus lernen kann. Die Problematik besteht aber genauso darin, dass viele Menschen gerade dazu nicht bereit sind. Davor habe ich Angst.
Die Projektfahrt mit Schülerinnen und Schülern des 10. und 12. Jahrgangs wurde von der Stiftung ERINNERN ERMÖGLICHEN sowie vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk unterstützt. Herzlichen Dank!!!
Texte und Fotos stammen von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern dieser Projektfahrt.
Begleitet wurde die Schülergruppe von den Kollegen Cornelia Markworth und Dirk Schauermann.